Hallo lieber Lesestern,
bevor wir in die Kurzgeschichte reinstarten, gibt es einen kleinen Exkurs in das Worldbuilding von Hangaia. Denn in dieser Welt gibt es gleich drei verschiedene Arten von Göttern, die sich in der Klassifizierung, dem Aussehen und der Macht unterscheiden. Damit also keine Missverständnisse entstehen hier die Unterschiede in der Klassifizierung bzw. hier die drei Arten von Göttern:
Die Götter, an die die Menschen glauben, deren Existenz aber ungewiss ist. Sie haben keine physische Form und greifen nicht in das Geschehen der Welt ein. Sofern sie überhaupt existieren.
Es gibt Kreaturen, die der Klasse Gott angehören. Genauso wie auch der Dämon, ist es eine Klasse, der dann unterschiedliche Arten und Unterarten zugeordnet werden. Es sind physische Wesen, die aufgrund ihrer natürlichen Fähigkeiten und Verlanlagungen weder als Dämon noch als Mensch durchgehen.
Die Titanen, oder auch Urgötter. Niemand weiß, wer oder was sie sind. Doch es wird vermutet, dass sie die Personifizierung der Welt sind. Insgesamt gibt es acht von Ihnen und einer bekommt in Band zwei der Hangaia-Chroniken mit dem Titel "The shadow within" eine wichtige Rolle.
Okun, der Gott der in der heutigen Geschichte vorkommt, gehört zur zweiten Art Gottheit. Er gehört der Klasse Gott an und ist der Art Meeresgöttern zugehörig, mit der Unterart Humanoide.
So und jetzt hoffe ich, die Kurzgeschichte gefällt dir ❤️ Dein Jerry
Inselbesuch
Ein Handelsschiff hat im Morgengrauen an der Zwergeninsel angelegt. Ruguru sieht dabei zu wie die Schiffsfrauen einige Kisten über die Planke auf die Landungsbrücke schleppen. Bewundernd beobachtet sie die schönen und starken Frauen dabei.
Sie liebt das Meer, aber doch eher von ihrer sicheren Insel aus. Nie würde Ruguru freiwillig von der Zwergeninsel verschwinden. Dennoch passiert es ihr jedes Mal, wenn ein Schiff anlegt, das sie vor Sehnsucht zerfließt. Seufzend will sie sich gerade abwenden, da wird die Kapitänin auf sie aufmerksam.
Mit schnellen Schritten stellt sich die Frau vor Ruguru und spricht sie an: «Ich habe das Gefühl, diesen Blick zu kennen. Sind wir uns schon einmal begegnet?»
Ein keckes Lächeln liegt auf ihren tiefroten Lippen. Etwas verlegen erwidert die Zwergin es, während ihre Wangen anfangen zu glühen. Die Kapitänin hat langes schwarzes Haar, das sie zum Zopf geflochten hat und auf ihrem Kopf thronen zwei nach hinten gebogene Hörner. Sie trägt einen schweren dunkelgrünen Mantel, der ihre ebenso grünen Augen zum Leuchten bringt. Darunter kommt eine Bluse zum Vorschein und eine figurbetonende Hose, die in kniehohen Stiefeln endet.
Für Ruguru ist sie das Idealbild einer Frau. Zudem ist ihr die schöne Kapitänin nicht unbekannt.
Sie legt alle paar Monde mit ihrem Schiff hier an und beliefert die Zwerge mit allerhand Köstlichkeiten. Ruguru selbst ist sogar die Hauptabnehmerin für die Waren. Doch bisher hat sie sich nie mit ihr unterhalten. Stattdessen hat die Zwergin immer jemand anderen vorgeschickt und die Schwarzhaarige aus sicherer Entfernung angeschmachtet.
Nach einer Weile sickert die zuvpr gestellte Frage in ihren Geist, doch Ruguru kommt nicht zum Antworten. Neben ihnen scheppert es.
Die Aufmerksamkeit der beiden richtet sich auf einen Mann, der über die Landungsbrücke stolpert und dabei allerhand Dinge umstößt. Seufzend hält sich die Schiffsführerin eine Hand vors Gesicht und schüttelt den Kopf.
«Entschuldige bitte. Unser Gott des Meeres ist nicht besonders Schiffstauglich», erklärt sie Ruguru. Doch das lässt diese nur noch Verwirrter zurück.
«Ein Gott?»
«Du bist noch keinem Begegnet?»
Wild schüttelt die Zwergin ihren Kopf und bringt damit ihre braunen Locken zum Fliegen.
«Na dann, wird es Zeit.»
Sie zwinkert Ruguru kurz zu. Dann winkt sie den torkelnden Mann zu sich.
«Darf ich vorstellen, das ist Okun, eine der Gottheiten der Meere.»
Okun ist ein kleiner pummeliger Mann, kleiner und breiter noch als ein Zwerg. In seinem Gesicht sitzt eine erdbeerähnliche Nase und darüber zwei wässrig graue Augen. Sein Körper steckt in weiten beigen Tüchern und auf seinem kahlen Kopf liegt ein Kranz aus getrocknetem Seegras. Doch das Auffälligste an dem Mann ist, dass er keinen Mund hat.
«Es ist mir eine Ehre, euch kennenzulernen», ertönt eine Stimme in Rugurus Kopf. Erschrocken japst sie auf und anstatt darauf einzugehen, verbeugt sich Okun ohne Vorwarnung vor ihr. Zumindest soweit, wie sein rundlicher Körperbau es zulässt.
«Ihr müsst mir einen Gefallen tun. Es ist unwahrscheinlich wichtig.»
Er streckt seine Hand nach ihrer aus und ergreift sie. Nass und glibschig liegen die dicken Finger auf ihrer Haut auf.
«Heiratet mich!»
Im selben Moment zieht ihm die Kapitänin eins mit der flachen Hand über. Dabei rutschen Rugurus Hände aus dem unangenehmen Griff und sie tritt einige Schritte zurück.
«Entschuldige erneut. Unsere Gottheit leidet nicht nur an der Seekrankheit, sondern auch an maßloser Selbstüberschätzung. Geh wieder zurück aufs Schiff, Okun. Ich habe keine Lust dich später suchen zu müssen wenn wir weiter segeln.»
«Ist ja gut, ich wollte es nur wenigstens versucht haben.»
Die Schwarzhaarige gibt ihm einen Klaps auf die Schulter und schon kugelt sich der Gott davon, erklimmt schleppend die Planke und verschwindet hinter der Reling.
«So wo waren wir ... Ach ja, du wolltest mir gerade deinen Namen verraten», charmant lächelt die Kapitänin und hält das Gespräch am laufen . Aus Mangel an schlagkräftigen Antworten haspelt die Zwergin: «Ich bin Ruguru ... mir gehört der Gasthof.»
Eine der Hände der Schwarzhaarigen verliert sich Rugurus braunen Locken. Fahren sanft durch sie durch und bescheren der dazugehörigen Zwergin angenehme Schauer.
«Ruguru also, ich bin Vijeta.»
Sie haucht so leise, dass sich ihre Worte mit dem Rauschen des Meeres verbinden. Sinnlich und liebevoll zugleich.
Schwer schluckt Ruguru. Sie ist wahrhaft verzaubert und zu ihrem Glück, scheint keiner vorzuhaben den Moment zu unterbrechen. So stehen die beiden da und genießen es einfach, einander in die Augen zu starren.
Erst Stunden später erwachen sie wieder aus ihrer Trance. Vijeta betrachtet die Zwergin voller Zuneigung. Sie beugt sich leicht runter und gibt ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Dann flüstert sie: «Ich bringe den Gott an sein Ziel und komme danach wieder zu dir zurück. Warte solange auf mich, Ruguru.»
«Ich werde hier sein.»
Die Kapitänin dreht sich um und ordert die Mannschaft zusammen. Innerhalb weniger Minuten verschwinden alle auf dem Schiff. Sie holen den Anker ein und nach einigen lauten Befehlen, legen sie ab. Staunend sieht Ruguru dabei zu, wie sie sich dem Horizont nähern und sich schließlich in Luft aufzulösen scheinen.
Noch immer spürt sie den Blick aus den grünen Augen auf sich. Rugurus Wangen glühen und ein breites Lächeln hat sich ihrer Lippen bemächtigt. Aufgeregt schlägt ihr Herz.
Sie kann es kaum erwarten, Vijeta wiederzusehen. Vielleicht schafft sie es dann auch mehr als zwei Sätze von sich zu geben.