[❦016] Diversität & Inklusion in der Fantasy Literatur
- Jeremy
- 29. Juni
- 10 Min. Lesezeit
Hallo Leseheld,
früher reichte es, einem weißen jungen Bauern ein Schwert in die Hand zu drücken und ihn gegen einen ebenso weißen bösen Zauberer antreten zu lassen – fertig war der Fantasy-Brei. Inzwischen tobt zwischen den Seiten ein ganzes Regenbogen-Gewusel aus Kulturen, Gender-Identitäten und körperlichen Realitäten. Was bedeutet das für dich als Leser*in, Autor*in und Buch-Shoppender? Lass uns dieses wahninnig wichtige und, aufgrund des politischen Wandels auch sehr umstrittene, Thema mal unter die Lupe nehmen.
Und nicht wundern, das ganze Thema ist natürlich noch viel größer und betrifft bei weitem nicht nur Fantasy Geschichten. Hier und heute lege ich den Fokus aber in diese Richtung.

Kapitel 1 - Was bedeuten Diversität und Inklusion in der Fantasy-Literatur?
„Diversität“ heißt erst einmal nur Vielfalt: Figuren mit unterschiedlichen Hautfarben, Kulturen, Religionen, Geschlechtern, sexuellen Orientierungen, körperlichen oder kognitiven Voraussetzungen, Altersgruppen und sozialen Hintergründen tummeln sich gemeinsam zwischen den Seiten.
„Inklusion“ dreht die Stellschraube weiter: Die vielfältigen Charaktere sind nicht bloß Staffage, sondern erhalten dieselbe Agentur, denselben Respekt und dieselbe Abenteuer-Relevanz wie der klassische weiße Bauernsohn-Held.
Und wer Diversität ohne Inklusion serviert, riskiert die gefürchtete „Token-Figur“ – das Pflicht-Elfchen am Rand, dem nie ein Plotpunkt gehört.
Warum ist das plötzlich so wichtig? Drei große Diskussionsstränge mischen sich hier:
Repräsentation als Spiegel und Fenster.
Die amerikanische Bildungsforscherin Rudine Sims Bishop prägte das Bild von Büchern als „Mirrors, Windows and Sliding Glass Doors“. Leserinnen sollen sich wiedererkennen (Spiegel) und gleichzeitig in neue Lebensrealitäten hineinschauen (Fenster). Fehlen People of Color, queere Figuren oder neurodivergente Heldinnen, bleibt der Spiegel für viele leer. Autoren wie Rick Riordan bauten deshalb ADHD, Dyslexie und queere Identitäten in ihre Halbgötter-Riege ein – damit wirklich jedes Kind jemanden im Camp Half-Blood hat, der aussieht oder fühlt wie es selbst.
OwnVoices & Autor*innenschaft.
Seit 2015 fordern Leserinnen zunehmend Bücher „von Betroffenen für Betroffene“. Das Hashtag OwnVoices (geprägt von der Autorin Corinne Duyvis) signalisierte ursprünglich, dass Autor*innen selbst zu der dargestellten marginalisierten Gruppe gehört. Die Bewegung brachte starke Werke wie R. F. Kuangs The Poppy War oder M. L. Wangs The Sword of Kaigen ins Rampenlicht, führte aber auch zu Debatten, weil Verlage Autor*innen auf ihre Identität reduzierten oder Sensibilitätspolizisten auf den Plan riefen.
Statistisches Aufholen der Branche.
Eine Atlantic-Auswertung von 1 730 Romanen ergab, dass der Anteil nichtweißer Autor*innen im US-Mainstream binnen fünf Jahren von 12 % auf 25 % stieg – die größte Verschiebung in der jüngeren Literaturgeschichte, wenn auch noch nicht populationstreu. Parallel schießen diverse Imprints wie Pilze aus den Verlagsböden, während Indie-Häuser komplette Programme auf queere und BIPOC-Stimmen ausrichten.
Diversität liefert die Farbrede für neue Stimmen, Inklusion stellt sicher, dass diese Stimmen auch wirklich singen dürfen – und das Fantasy-Genre, in dem theoretisch alles möglich ist, wird endlich seinem eigenen Anspruch gerecht, „unendliche Welten“ zu zeigen.
Kapitel 2 - Wie hat sich das Genre in den letzten Jahren verändert?
Fünf bis zehn Jahre zurückzublättern, reicht schon, um die Verwandlung zu sehen: Damals dominierte an vielen Fantasy-Regalen immer noch die klassische „pseudomittelalterliche“ Pipeline – ein weißer Held, eine Handvoll schuriger Orks, am Horizont der obligatorische Drachenschatten. Heute verkündet die Washington Post einen 85-Prozent-Umsatzsprung für Fantasy allein im ersten Halbjahr 2024 und führt das Wachstum ausdrücklich auf neue Subgenres und vielfältigere Stimmen zurück.
Bestsellerlisten führen endlich auch „romantasy“ mit lesbischen Piratinnen, gemütlichen Bäckerei-Elfen und ostasiatischen Martial-Arts-Epen, während Verlage eigene Imprints für queere oder BIPOC-Autor*innen gründen – Neon Hemlock etwa verlegte 2025 gleich zwei Nebula-Preisträger.
Preislandschaft: Die großen Awards spiegeln den Wandel: Bei den Nebula-Awards 2025 gingen gleich mehrere Hauptkategorien an queere oder nichweiße Autor*innen, ein Trend, der seit N. K. Jemisin drei Hugo-Siegen in Folge (2016-18) an Fahrt aufnahm. Preisjurys zeigen damit: „Dies ist kein Randphänomen mehr, sondern die neue Mitte.“
Marktfutter: Parallel zum Diversity-Push explodierten Nischen wie „cozy fantasy“ oder „romantasy“. Laut PublishDrive legte das Untergenre 2023-24 um über 40 % zu; Analyst*innen sehen den Erfolg auch darin, dass Geschichten mit Soft-Queerness und multikulturellen Gilden schlicht „Neue Zielgruppen ins Drachenland“ locken.
Arbeitsmarkt: Hinter den Kulissen ist nicht alles Regenbogenglanz: Der britische Publishers-Association-Report 2024 meldete einen Rückgang der ethnischen Repräsentation im Verlagspersonal um zwei Prozentpunkte – ein Warnsignal, dass Fortschritt kein Selbstläufer ist. Trotzdem schiebt besonders die Indie-Szene nach: Self-Publisher wählen bewusst Mythen aus Südostasien oder prä-kolumbischen Kulturen, weil digitale Vertriebswege endlich erlauben, dass auch „Nischen“ ein weltweites Publikum finden.
Leserschaft: Die Nachfrage wächst sichtbar: Scholastic-Umfragen zeigen, dass Teenager mit marginalisierter Identität signifikant häufiger zu Büchern greifen, wenn sie sich repräsentiert fühlen; diverse Fantasy liefert ihnen die langersehnte Hauptrolle. Gleichzeitig profitieren alle Leser*innen, weil frische Perspektiven klassische Tropen entstauben – der Drache parliert plötzlich Yoruba, die Zauberschule arbeitet barrierefrei, und das Königreich steht nicht im Nebelwald des Ätherreichs Nummer 736, sondern an der schwülen Küste eines queeren Karibik-Analogons.
Fantasy hat sich in wenigen Jahren von der mittelalterlich angehauchten Ein-Geschmackseisdiele zur kunterbunten Food-Hall gemausert. Für Autor*innen bedeutet das mehr kreative Spielräume – und für Leser*innen ein Regal, in dem sie endlich sowohl treibende Windgeister aus Igbo-Mythologie als auch nichtbinäre Ritter auf Einhorn-Motorrädern finden können. Vielfalt ist kein PR-Add-on mehr, sondern ein Kaufargument, das die Kassen klingeln lässt. Doch die jüngsten Rückschritte bei Branchenvielfalt zeigen: An Sichtbarkeit muss immer noch aktiv gearbeitet werden, damit wir irgendwann in der Mitte der Gesellschaft einen Platz finden, den uns keiner mehr nehmen kann.
Kapitel 3 - Welche positiven Effekte bringt Diversität?
Frische Stimmen haben das Genre nicht nur bunter, sondern messbar erfolgreicher gemacht. Laut PublishDrive wuchs der Umsatz mit Fantasy-Titeln 2023 gegenüber 2022 um gut 40 Prozent; die Plattform sieht den Schub ausdrücklich in romantasy-Reihen und „own-voices“-Debüts, die neue Lesergruppen erreichen. Mehr Varianten im Figurenkabinett bedeuten nämlich mehr Andockpunkte: In der Scholastic Kids & Family Reading Report geben 46 Prozent der 9- bis 17-Jährigen an, sie griffen eher zu Büchern, in denen „Leute wie ich“ vorkommen, und 70 Prozent sagen, diverse Titel weiteten ihren Blick auf andere Lebenswelten. Gerade Fantasy, die von Identitätssuche lebt, profitiert doppelt: Wer sich selbst im Plot spiegeln kann, liest länger und empfiehlt lauter.
Künstlerisch bringt Vielfalt frischen Sauerstoff. Westafrikanische Orishas mischen nun Zauberschulen auf, karibische Seefahrtsmythen ersetzen das x-te keltische Königreich, und neurodivergente Held*innen eröffnen Konflikte, die klassische Bauernsohn-Protagonisten nie hatten. Review-Portale wie Tor.com verzeichnen, dass 7 von 10 meistdiskutierten Fantasyromanen 2024 auf nichtwestliche Mythologien oder queere Figuren setzten; die Kommentarspalten loben vor allem „unerwartete Wendungen“ und „neue moralische Grautöne“. Kurz: Mehr Perspektiven = mehr Plot-Erfindungen.
Auch ökonomisch lohnt sich der Regenbogen: Der Buchhandelsdienst Riverbend Consulting fand 2024, dass Titel mit „explizit vielfältiger“ Vermarktung durchschnittlich zwei Wochen länger in Amazons Empfehlungskarussells verweilen, weil mehr Kundengruppen klicken.
Doch jeder Fortschritt wirft neue Schatten. Tokenism droht, wenn Vielfalt nur als Pflichtaufkleber fungiert: eine lesbische Elfe ohne eigenen Handlungsbogen entlarvt sich sofort als Kulisse und ruft Kritik hervor. Genauso der berühmte schwule beste Freund, dessen gesamte Persönlichkeit eben darauf runtergestumpft wird. Fast so, als hätten Schwule keinen Charakter, keine Vorlieben und Macken, außerhalb der Sexualität.
Gleichzeitig berichten Autor*innen of Color, dass Verlage sie mitunter auf „Trauma-Plots“ festnageln. Denn schwierige Themen verkaufen sich, aber die Bandbreite ihrer Kreativität wird eingeengt. Dazu kommt der unvermeidliche Backlash: Manche Fans lesen jede nicht-weiße Zwergin als „politische Agenda“ und starten Boykottaufrufe; Umsatzzahlen zeigen jedoch, dass solche Shitstorms selten anhaltenden Schaden anrichten. Zum Glück!
Unterm Strich überwiegen die Pluspunkte: Mehr Leser*innen finden Spiegel, alle entdecken neue Fenster, das Genre gewinnt frisches Erzählsprudeln und die Sichtbarkeit von marginalisierten Gruppen wird größer. Die Aufgabe bleibt, Vielfalt nicht auf Oberfläche und Marketinglabels schrumpfen zu lassen, sondern ihr echte Handlungsmacht zu geben. Denn nur dann fliegt der Drache auch in den nächsten Jahren weiter — mit Regenbogenschweif statt Abziehbild-Patina.
Kapitel 4 - Kritik und Nebenwirkungen
Gerade durch die politische Agenda einiger Politiker ist das Thema seit einiger Zeit schwer belastet. Da wo Inklusion vorher noch geklappt hat, werden nun die Stimmen laut, die sich dagegen aussprechen. Und so ist es leider auch in der Literatur.
Es knirscht durchaus – und zwar an mehreren Fronten. Erstens meldet sich regelmäßig das Gespenst des Tokenismus. Verlage oder Streaming-Studios setzen „die eine queere Bardin“ oder „den einzigen schwarzen Elf“ ins Bild, ohne ihnen einen eigenen Handlungsbogen oder einen tatsächlichen Charakter zu gönnen. Leser*innen und Rezensent*innen entlarven das schnell als PR-Deko; die Folge ist ein Spagat, bei dem sich niemand gesehen fühlt. Denn marginalisierte Gruppen erkennen die leere Platzhalter-Funktion, traditionelle Fans fühlen sich „zwangsbekehrt“, und das Buch verliert beide Lager.
Daneben gibt es die Rainbow- oder Pinkwashing-Debatte. Pünktlich zum Pride Month tauchen plötzlich Regenbogen-Schuber, limited-edition Schnürsenkel und „Love is Love“-Sticker auf, während dieselben Marken im Juli wieder schweigen. Kommunikationsforscher*innen sprechen von Symbolpolitik, die das Leben der betroffenen Menschen weder honoriert noch strukturelle Barrieren abbaut. Es ist schlicht und ergreifend eine Marketingaktion. Für queere Menschen kann das frustrierend sein.
OwnVoices-Schubladen bringen ein weiteres Dilemma. Viele queere oder BIPOC-Autor*innen berichten, dass ihnen Verlage, wie bereits erwähnt, bevorzugt Manuskripte zu „Trauma-Plots“ abkaufen. Migrant*in flüchtet, Queer-Figur leidet –, während entspanntes Cosy-Fantasy von denselben Stimmen als „marktfern“ gilt. Die Identität wird damit zur Marketing-Kategorie, nicht zur Carte Blanche für jede erzählerische Richtung.
Auch das Werkzeug Sensitivity Reading erhitzt die Gemüter. Befürworter sehen darin eine Art kulturelles Fachlektorat; Kritiker fürchten Zensur oder kreative Zwangsjacken. Der Streit flammt jedes Mal auf, wenn ein großer Verlag einen Roman wegen Kritik aus den sozialen Medien umschreibt oder ganz vom Markt nimmt. Die Diskussion dreht sich weniger um das „Ob“, sondern um das „Wer entscheidet und mit welcher Autorität“.
Nicht zu unterschätzen ist der Backlash-Reflex im Fandom. Jedes Mal, wenn eine bekannte Marke altbekannte Figuren diverser zeichnet, bricht irgendwo ein Kommentarsturm los. Beispiele reichen von der Umbenennung der „D&D races“ in „species“ bis zu Casting-Kontroversen in Reboots – manche Produktionen werden zur Meme-Schlacht, bevor sie überhaupt starten.
Zwar zeigen Verkaufszahlen, dass die Empörung selten anhaltend wirkt, doch für die betroffenen Autor*innen oder Schauspieler*innen bedeutet sie Stress, Hassmails und im schlimmsten Fall Rückzug aus Social Media.
Kapitel 5 - Was bringt Diversität dem Text selbst?
Ein Roman ist mehr als Plot-Mathematik — er ist ein Begegnungsraum. Wenn du dort nur immer dieselben Gäste triffst, leert sich die Gesprächsluft schnell. Mischt du jedoch Figuren mit verschiedenen Hautfarben, Kulturen, Geschlechtern, Körperrealitäten und Denkmustern hinein, geschieht zuerst etwas Erzähltechnisches: Die Konflikt-Palette explodiert. Eine queere Paladina, die ihren Orden von innen heraus verändern will, prallt anders auf ein verknöchertes Königreich als der klassische Bauernsohn. Ein Kriegsmagier mit PTBS verhandelt in Kriegen anders als der unverwundbare Hero von gestern. Neue Wertesysteme schaffen neue Dilemmata und genau dort brummen die spannendsten Handlungsmotoren.
Zweitens bekommt der Text psychologische Tiefe. Studien zur Leseforschung belegen, dass Geschichten mit diversen Perspektiven Empathie und emotionale Kompetenz signifikant steigern, weil sie die Lesenden ungewohnte Gefühlslagen nacherleben lassen. Ein Rollstuhl nutzender Zauberer, der Treppen in Rampen verwandelt, oder eine asexuelle Bogenschützin, deren Loyalität nicht an Romanzen gekoppelt ist, öffnen solche „Fenster“ — und Leser*innen trainieren dabei unbewusst ihre Fähigkeit, in andere Köpfe zu schlüpfen.
Drittens zahlt Vielfalt messbar auf Reichweite ein. Die immer noch heiß diskutierte Romantasy-Welle ließ den Fantasy-Umsatz 2024 um 62 Prozent steigen; Market-Analysen führen das explizit auf frische, oft queere Liebeskonstellationen und nichtwestliche Settings zurück, die neue Zielgruppen anlocken. Kinder- und Jugendstudien zeigen parallel, dass Schüler*innen deutlich lieber lesen, wenn sie eigene Identitäten im Stoff wiederfinden. Vielfalt ist also kein Pflichtsiegel, sondern ein Nachfragetreiber und führt dazu zu Aufklärung in der Gesellschaft.
Viertens macht Diversität Welten glaubwürdiger. Gerade weil Fantasy „alles darf“, wirkt eine Einheitsgesellschaft heute unrealistisch. Ein Wüstenreich ohne einheimische Helden oder ein Großimperium ohne sexuelle Vielfalt fühlt sich an wie eine Landkarte, der jemand Farben gelöscht hat. Lässt du dagegen Dialekte, Gebärdenmagie, Familienstrukturen jenseits der Zwei-Eltern-Norm oder Gottheiten mit nichtbinären Avataren einziehen, atmet die Welt und Lesende riechen förmlich den Marktplatzstaub zwischen den Seiten.
Schließlich vergrößert Inklusion den kreativen Werkzeugkasten der Autor*innen selbst. Wer Sensitivity-Reader einbezieht oder eigene, bislang unterrepräsentierte Erfahrungen einfließen lässt, entdeckt plötzlich neue Metaphern, Rituale, Flüche, Feiertage. Die Drachen bekommen sprichwörtlich mehr Farben, ohne dass die alte Faszination für Schuppen und Feuer erlischt, sie blitzt nur in anderen Spektren.
Kapitel 6 - Wie kannst du Vielfalt unterstützen – im Pride Month und darüber hinaus?
Der Regenbogen flattert im Juni besonders laut, doch Sichtbarkeit darf nicht am 1. Juli in die Sommerpause gehen. Deshalb hier ein paar liebe Tipps wie du Vielfalt unterstützen kannst, egal welcher Monat gerade ist.
1. Kaufen, aber klug kaufen
Greif am Veröffentlichungstag oder während gezielter Preisaktionen zu: Ein „Kauf-Schub“ an einem einzigen Tag katapultiert den Titel in die Charts, was den Sichtbarkeits-Algorithmus ankurbelt. Pre-Order-Bündel gelten zwar als Bestseller-Booster, wirken laut KDP-Community aber nur, wenn viele Leserinnen tatsächlich am Release-Tag ausliefern lassen – sonst verhageln sie den Verkaufs-Impuls. Lieber E-Book UND Print? Für die Autorinnen zählt jeder Format-Umsatz getrennt. Wenn du beide Versionen eh haben willst, bring den zweiten Kauf ruhig ein paar Tage später, damit der Rang nicht sofort wieder absackt.
2. Rezensions-Power
Ein Fünf-Zeilen-Kommentar mit Sternchen-Vergabe reicht, um Amazons Empfehlungsmotor zu kitzeln. Autor*innen berichten, dass schon fünf neue Bewertungen den Conversion-Wert spürbar heben – und für kleine Indie-Verlage und Selfpublisher ist das der Unterschied zwischen „vorgeschlagen“ und „weitere Ergebnisse“.
3. Bibliotheken füllen
Fast jede Stadtbibliothek bietet ein „Wunschtitel“-Formular oder die Libby-Funktion „Tag for Purchase“. Eine einzige Anfrage kann den Ankauf auslösen und bringt das Buch so in die Hände Dutzender Leserinnen.
4. Social-Media-Lautsprecher
Poste Cover-Fotos und markiere die Autor*innen: Der Instagram-Algorithmus belohnt getaggte Bilder stärker. Wenn deine Bibliothek eine Pride-Auslage hat, teile ein Bild. Wird sie „leergeplündert“, feiere das öffentlich – andere Nutzer werden Holds setzen, und viele Bibliotheken ordern nach.
5. Crowdfunding & Patreon
Queere Kleinverlage und Selfpublisher finanzieren Lektorate und Art-Work oft via Kickstarter. Schon ein kleiner Pledge sichert hochwertige Sensitivity-Readings, die wiederum bessere Repräsentation garantieren.
6. Für Schreibende: Sensitivity First
Wenn du selbst schreibst, buch einen fachkundigen Blick: Selbst wenn du ein betroffener bist und über Erlebnisse schreibst, mit denen du dich auskennst, kann es helfen, nochmal jemanden zu haben, der mit dem richtigen Blick draufsieht.
7. Mentoring & Signal-Boost
Erfahrene queere Autor*innen können Debütant*innen per Blurb oder „buddy-read“ helfen. Ein einziger Cover-Quote von einem Mid-Lister verschafft Sichtbarkeit, die Ads nicht kaufen können.
8. Langfristig dranbleiben
Diversität ist kein Charity-Projekt. Lies, poste und kauf diese Bücher auch im November. Der Algorithmus erinnert sich an konstante Nachfrage stärker als an einen einmaligen Pride-Spike – so bleibt die Regenbogen-Fahne nicht nur Deko, sondern ein dauerhafter Wegweiser für neue Abenteuer.
Mit jeder Rezension, jedem Bibliothekswunsch und jedem laut geteilten GIF schiebst du die Vielfalt voran – bis der Regenbogen auf dem Cover nicht mehr besonders „divers“ wirkt, sondern einfach ganz normales Fantasy-Wetter ist.
Kapitel 7 - Was bedeutet es, eine queerer Fantasy-Autor*in zu sein?
Sobald du offen queer und sichtbar im Fantasy-Regal stehst, schlüpfst du gleich in mehrere Rollen: Du bist Geschichtenerzähler*in, Markenbotschafter*in für Diversität – und, ob du willst oder nicht, oft auch „Erklärbär“ für alles, was zwischen Regenbogenfahne & Schreibmaschine passiert.
Sichtbarkeit ≠ Sicherheit
Queere Kreative profitieren zwar von Pride-Marketing, werden aber auch häufiger Ziel von Online-Belästigung. LGBTQ+-Autor*innen werden überdurchschnittlich oft das Ziel von Hass, Deadnaming oder „Review-Bombing“, besonders dann, wenn man Erfolg hat.
Psychisch kann das zermürben; deshalb raten Verbände zu Digital Self-Care (Blocklisten, Mod-Teams, Pausenzeiten) und verweisen auf Hilfsstellen.
Aktivismus vs. Kunst
„Ich will nicht ständig politisch sein, ich will einfach gute Geschichten schreiben“, hört man oft in queeren Schreibforen. Realitäts-Check: Schon die bloße Existenz eines nicht-binären Ritters wird als Statement gelesen. Die bloße Existenz von queeren Menschen ist aktuell ein politisches Statement, ob man das will oder nicht. Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, weiterzumachen.
Die kluge Balance besteht darin, Fragen offen beantworten, aber nicht jede Social-Media-Diskussion bis zum letzten Emoji auszukämpfen.
Kapitel 8 - Fazit – mehr Farben, mehr Abenteuer
Diversität und Inklusion sind kein Modetrend, sondern die logische Weiterentwicklung eines Genres, das schon immer davon lebte, Grenzen zu sprengen. Sie schenken uns neue Helden, komplexere Konflikte und Welten, die die echte besser spiegeln. Unterstütze sie durch Kauf, Stimme und offenen Blick – dann tanzt der Regenbogen über den Drachenhügel noch lange weiter.
Viel Spaß beim Entdecken – und happy Pride, egal welchen Monat wir gerade schreiben!
Dein Jerry
Comments