Hallo Bücherwurm,
vom Moment an, in dem die Idee für ein Buch entsteht, werden zig Entscheidungen getroffen. Das fängt damit an zu entscheiden, wie der Protagonist aussieht, über gibt es ein Happy End, bis zu veröffentliche ich es überhaupt und geht sogar noch viel weiter. Manche Entscheidungen haben kaum bis gar keinen Impact auf Kosten und Gewinn wie z.B. die Kleidung meiner Charaktere. Weder zahle ich dafür, noch wird am Ende jemand das Buch nicht kaufen, weil Figur X einen grünen und keinen blauen Pulli anhat.
Aber es gibt auch Entscheidungen die Kosten eine Menge und können Einfluss auf den Gewinn haben wie z.B. das Cover. Einen guten Illustrator zu finden und das Cover umsetzen zu lassen kann teuer werden. Aber sieht es gut aus und passt zur Zielgruppe, ist es maßgeblich für viele Leser, ob sie dem Buch eine Chance geben oder nicht.
Doch, was macht man, wenn die Kosten in keiner Relation zum Gewinn stehen? Oder Probleme und Diskussionen ausgelöst werden, die viel mehr Zeit und Geld kosten, als das ganze wieder einbringt? Hast du schon mal von der sogenannten "Sunken Cost Fallacy" gehört? Heute sprechen wir über dieses Phänomen und natürlich auch, warum ich es anspreche.
Kapitel 1 – Was ist die "Sunken Cost Fallacy"?
Stell dir vor, du hast in ein Projekt oder eine Entscheidung Zeit, Geld oder Energie investiert. Dann merkst du plötzlich, dass es sich nicht wirklich lohnt oder sich keine Besserung zeigt. Was tun? Die Sunken Cost Fallacy ist die psychologische Tendenz, weiterhin in etwas zu investieren, nur weil du bereits so viel hineingesteckt hast, obwohl alle Zeichen darauf hindeuten, dass es klüger wäre, aufzugeben oder etwas zu verändern. Im Grunde geht es um das Vermeiden von Verlusten – das Gefühl, dass es zu schmerzhaft wäre, all die bisherigen Anstrengungen und Investitionen "zu verlieren".
1.1 Beispiele aus dem Alltag und der Literatur
Die Sunken Cost Fallacy tritt oft in den verschiedensten Bereichen des Lebens auf. Ein klassisches Beispiel ist das sogenannte "Kino-Dilemma". Du kaufst eine teure Kinokarte und merkst nach 20 Minuten, dass der Film grauenhaft ist. Bleibst du im Kino, weil du für die Karte bezahlt hast, oder gehst du und genießt den restlichen Abend? Spoiler: Die meisten bleiben – das Geld ist ja schon weg.
In der Literatur gibt es auch wunderbare Beispiele, die diese Dynamik aufgreifen. Denk nur an George R.R. Martins Charaktere in "A Song of Ice and Fire", die Entscheidungen treffen, die sie immer tiefer in Probleme verstricken, nur weil sie bereits so viel geopfert haben. Manchmal ist der klügste Schritt, das Schwert niederzulegen und zu sagen: „Okay, das war’s, weiter geht’s!“
1.2 Warum die Sunken Cost Fallacy ein Problem ist
Das Problem dabei ist, dass Menschen oft glauben, sie könnten das Unrecht mit mehr Einsatz korrigieren. Leider führt das häufig dazu, dass sie noch mehr Ressourcen verschwenden, ohne ein positives Ergebnis zu erzielen. Entscheidungen werden nicht aufgrund zukünftiger Potenziale, sondern aufgrund vergangener Investitionen getroffen – und das ist der eigentliche Fehler.
Der erste Schritt, um aus dem Kreislauf auszubrechen, ist die Erkenntnis, dass vergangene Investitionen nicht mehr zu ändern sind. Frag dich: Wenn ich diesen Weg nicht schon gegangen wäre, würde ich ihn jetzt beginnen? Wenn die Antwort "Nein" ist, dann ist es Zeit, neu zu bewerten. Indem du dich auf die Zukunft und das Potenzial einer Entscheidung konzentrierst, anstatt auf das, was bereits passiert ist, kannst du klarere und effektivere Entscheidungen treffen.
Kapitel 2 – Was hat das Sunken Cost Fallacy mit mir zu tun?
Nun zu meinem persönlichen Beispiel: Die Illustrationen meines Buches und das Cover haben mich einige Tausend Euro gekostet. Ich habe viel Zeit und Energie in die Zusammenarbeit mit Künstlern investiert, um genau die richtigen Bilder zu bekommen. Dafür habe ich es mit Künstlern auf Fiverr versucht, mit 99desgins und mehr. Am Ende habe ich eine Freundin, Elena Schalk, darum gebeten die Illustrationen zu machen. Trotz einem Freundschaftsrabatt, war das alles andere als günstig. Aber da "Not the Hero" mein erstes Buch ist, war ich der Meinung, das wäre es mir dennoch wert.
Und dann bin ich in ein Nest getreten. Wie du bereits gelesen hast, gab es Kritik – manche vermuten, dass die Bilder KI-generiert seien. Völlig haltlos wohlgemerkt, denn Beweise wurden bisher keine geliefert, aber trotzdem ist die Kritik da.
Anfangs habe ich gedacht: „Nein, ich lasse das so. Ich habe dafür bezahlt, ich habe meine Entscheidung getroffen und schließlich gibt es genug Leser, die die Bilder genauso sehr lieben, wie ich es tue.“ Doch dann kamen die Zweifel. Die Verkaufszahlen spiegeln die Investition einfach nicht wider, und die negative Aufmerksamkeit begann, meine ursprüngliche Vision zu überschatten. Besonders da ich nun auch von einer Buchmesse ausgeschlossen wurde, da sie die Kritik sehr ernst nehmen. Allerdings nicht die an den Bildern, sondern der Zusatz, dass auch angeblich, die Texte KI generiert wären. Dabei handelt es sich nur um einen Nebensatz, der mich teuer zu stehen kommt.
Genau da setzte die Sunken Cost Fallacy ein: Ich wollte nicht aufgeben, weil ich so viel investiert hatte – doch die Kosten wurden immer spürbarer, ohne dass ein klarer Gewinn sichtbar war.
Es war an der Zeit, ehrlich zu mir selbst zu sein. Diese Illustrationen, so schön sie auch sind, bringen mich momentan nicht weiter. Die Diskussion darüber ist sogar kontraproduktiv und bringt mir nur immer mehr Scherereien. Auch wenn es schmerzhaft ist, den finanziellen Verlust zu akzeptieren, ist es wichtiger, den Fokus auf die Zukunft zu richten und eine Lösung zu finden, die langfristig sinnvoller ist. Denn ich möchte auch weiterhin Bücher schreiben und natürlich wäre es schön, wenn die Leser sie auch mögen und nicht wegen einem netten Goodie, den es kostenlos on Top gibt, schlecht reden.
Kapitel 3 – Eine Entscheidung muss getroffen werden
Ich bin ein Freund von Fakten, und Fakten lügen nicht. Deshalb bekommt ihr jetzt knallharte Zahlen aus der Realität:
Die Illustrationen haben mich jeweils 120€ und das Cover 200€ gekostet, bei 15 Bildern und einem Cover, ist das, trotz des Freundschaftsrabatts, eine stolze Summe von 2.000€. NUR für die Bilder. Da kamen noch die Kosten für das Lektorat und das Korrektorat (≈ 3.000€), für die Buchsatzsoftware (≈ 100€) und die Kosten der Bücher dazu, die ich als Eigenexemplare bestellt habe (≈ 1.700€). Zusätzlich kommen noch die Kosten für Werbematerialien wie Postkarten, Lesezeichen und Booklets (≈ 500€) dazu und die Materialkosten für die Goodies der Buchboxen, wie Kerzen und Dosen aus Epoxidharz (≈ 1.000€).
Heißt wir sind hier bei Kosten von um die 8.300 €.
Das ist eine ganz ordentliche Summe, die auch erstmal wieder eingespielt werden muss. Hat es das bisher?
Nach nun neun Monaten hat sich "Not the Hero" 225 mal verkauft (Ebooks, Taschenbücher, Hardcover und Buchboxen zusammengefasst) und es wurden über Amazon KU 11.148 Seiten gelesen. Daraus ergibt sich ungefähr eine Summe von 1.814 €. Das ist in meinen Augen eigentlich ein ganz gutes Ergebnis, für einen unbekannten Debütroman, den ich, gerade in den letzten Monaten, kaum bis gar nicht beworben habe.
Dennoch ist die Antwort ein ganz klares nein. Würden sich die Kosten rein auf die Illustrationen beziehen, wäre das was anderes, aber das Buch besteht ja nur zu einem winzigen Bruchteil aus den Bildern. Bei 460 Seiten machen 15 Seiten gerade mal 3% aus. Die Kosten dafür pendeln sind allerdings bei einem viertel der Gesamtkosten ein. Es ist schwer zu akzeptieren, aber das Geld, das ich in diese visuelle Komponente gesteckt habe, wird sich voraussichtlich nicht so bald amortisieren. Denn das erste Verkaufsjahr ist einfach das wichtigste, danach wird es tendenziell immer weniger. Außer ich werde spontan doch noch von der großen Masse entdeckt und "Not the Hero" zu einem Bestseller. Aber da hier die Wahrscheinlichkeit, realistisch betrachtet, doch eher gering ist, muss ich davon ausgehen, dass die Verkaufszahlen weiter abnehmen werden.
Was tun mit den Illustrationen?
Basierend auf den nackten Zahlen und der Realität muss ich mir nun die Frage stellen: Soll ich die Illustrationen aus dem Buch entfernen oder sie beibehalten, nur weil ich dafür bezahlt habe? Das ist die Kernfrage der Sunken Cost Fallacy.
Die Antwort ist einfach: Nein, ich werde nicht weiterhin in eine Richtung gehen, nur weil ich schon viel in diese investiert habe. Ich habe es ausprobiert und gesehen, dass es bei einigen Lesern gut ankommt, aber auch einige wenige versuchen, mir einen Strick draus zu drehen. Die Absage der Buchmesse war der letzte Tropfen, den es noch gebraucht hat, damit ich hier und jetzt eine neue Richtung einschlage. Denn letzten Endes bin ich Autor und kein Illustrator. Mein Buch braucht keine Bilder um eine fantastische Geschichte zu erzählen. Bevor ich mich also weiterhin an etwas klammere, das mich nicht voran bringt und stattdessen zu einem Klotz an meinem Bein wird, entferne ich es lieber.
Kapitel 4 – Die Umsetzung der Entscheidung
Nach reichlicher Überlegung habe ich also die Entscheidung getroffen, die Illustrationen in einer neuen Auflage von "Not the Hero" zu entfernen. Zumindest aus dem Ebook und dem Softcover. Im Hardcover werden sie vorerst bleiben, da dort die Gewinnmarge, den Kosteneinsatz deutlich besser auffängt, als es beim Ebook und dem Softcover möglich ist.
Ja, das war ein schwerer Schritt, aber leider auch ein notwendiger. Es ist vor allem eine Entscheidung die auf der Kosten/Nutzenbasis für mich geklärt werden musste. Und da hier einfach ein enormes Ungleichgewicht herrscht, halte ich es simpel und schmeiße sie lieber jetzt raus, als noch mehr Geld zu investieren. Denn wenn ich die Leser jetzt bereits an Bilder gewöhne, gehören sie zu den Standarderwartung für alle weiteren Bücher.
Für künftige Bücher ist mir allerdings klar, dass ich das nicht nochmal mache. Ich habe das Geld nicht über und verdiene an den Büchern bei weitem nicht genug, damit sich das auch nur annähernd lohnt. Weder für mich, noch für meine Illustratorin.
Jetzt könnte man auch argumentieren, dass sich die Kosten für das Lektorat auch nicht wieder eingespielt haben. Aber hier handelt es in meinen Augen um etwas, wirklich notwendiges für die Geschichte. Besonders am Anfang ist es für mich unerlässlich, hier zu investieren. Die Bilder hingegen - wären sie nicht da, würde es die Geschichte weder besser noch schlechter machen.
Die neue Auflage bekommt deshalb ein neues Cover, das von Elena in Zusammenarbeit mit dem Künstler Vladimir Solnyshko erstellt wurde. Die beiden haben auch im gleichen Zuge das Cover für "The shadow within" gemacht, dass ich dir auch bald zeigen werde. Aber erstmal ist der Re:Release von "Not the Hero" dran. Der Inhalt des Buches bleibt soweit gleich, bis auf die Illustrationen und Rechtschreibfehler, die wie gesagt, vollständig rausfliegen.
Manchmal ist es wichtig, Ballast abzuwerfen, um mit frischem Wind neu durchzustarten. Die Entscheidung ist gefallen – und jetzt geht es darum, sie konsequent umzusetzen.
Kapitel 5 – Fazit und Abschluss
Die Sunken Cost Fallacy kann uns dazu verleiten, schlechte Entscheidungen fortzusetzen, nur weil wir bereits Zeit, Geld oder Energie investiert haben. Doch der Schritt, diese Investitionen hinter sich zu lassen und eine kluge, zukunftsorientierte Entscheidung zu treffen, kann uns letztlich weiterbringen.
In meinem Fall waren die Illustrationen eine kostspielige und schöne Investition, aber sie haben mir nicht den gewünschten Erfolg bzw. Gewinn eingebracht. Stattdessen habe ich damit in ein Wespennest von KI-Jägern gestochen, die mir nun das Leben schwer machen. Jetzt ist es an der Zeit, einen anderen Weg zu gehen und sich auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt – die Geschichte selbst. Und genau darum geht es am Ende des Tages: kluge Entscheidungen zu treffen, die uns nach vorne bringen, statt uns an vergangene Verluste zu klammern.
Die neue Auflage wird Anfang November 2024 erscheinen. Erste Einblicke in das neue Cover bekommst du hier im Blog und wenig später dann auch auf Instagram. Damit wünsche ich dir noch einen wunderschönen Tag und freue mich, dich hier bald wieder zusehen!
Dein Jerry